Abschnitt 04

 
ABSCHNITT 4
zitiert aus Ugarte Chacóns „Begründung“ für die Ordnungsmaßnahme:

Zu den von Frau F behaupteten Äußerungen meinerseits ist folgendes anzumerken: Erstens ist meine beschriebene Aussage, die Piratenfraktion hätte sich zu keiner Organklage gegen die Teilprivatisierungsverträge der Berliner Wasserbetriebe nach dem „Leitfaden“ eines „Arbeitskreises unabhängiger Juristen“ durchgerungen, heute so richtig wie am 5. August 2012. Die mittlerweile von der Piratenfraktion eingereichte Organklage geht auf den Schriftsatz von Dr. Kirchberg zurück, der diesen im April 2013 der Fraktion vorstellte und anschließend von dieser mit der Vertretung vor dem Landesverfassungsgericht beauftragt wurde.*2 Der „Leitfaden“ des „Arbeitskreises unabhängiger Juristen“ spielt in diesem Verfahren keine Rolle. Zweitens ist es unabhängig von „Leitfäden“ oder Organklagen generell mein gutes Recht, Bürgerinitiativen, denen ich mich darüber hinaus verbunden fühle, über den einen oder anderen Umstand zu informieren – selbst wenn diese Information der Denkweise von Frau F widersprechen sollte. Solch einen alltäglichen Vorgang auf der Berliner Mailing­liste zu thematisieren ist an sich schon außergewöhnlich. Warum Frau F meine angebliche Information an eine Bürgerinitiative in diesem konkreten Fall auf der Berliner Mailingliste thematisiert hat einen anderen Grund: Frau F versucht, angebliche Äußerungen von mir in einen Gegensatz zu den Grundsätzen bzw. Beschlüssen der Piratenpartei zu bringen, um mich vor den Mitgliedern der Mailingliste vorzuführen und als gegen die Beschlüsse der Partei bzw. deren LQFB-Abstimmungen agierenden Akteur zu diskreditieren.

*2) Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin, Pressemitteilung v. 16. 4. 2013

KOMMENTAR SIGRUN:

Noch ein paar Sätze zuvor (im Abschnitt 3) behauptet Herr Ugarte Chacón, ich sei nicht in der Lage gewesen, seine angebliche Äußerung über die Chancen einer Organklage wiederzugeben. Damit erweckt er den Eindruck, dass es eine solche Aussage von ihm [*] gar nicht gegeben hat. Jetzt bestätigt er im Widerspruch dazu, dass eine solche Aussage in Wirklichkeit genau seiner Meinung entspricht. (ist „… heute so richtig wie am 5. August 2012.“)

[*] Beleg für diese Aussage: Mail vom 31.07.2012
 
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Falsche Tatsachenbehauptung zur Rolle des „Juristischen Leitfadens“
Damit dieser Widerspruch nicht allzu sehr ins Auge fällt, bedient sich Herr Ugarte Chacón eines Tricks mithilfe einer falschen Tatsachenbehauptung. Er behauptet: “Der »Leitfaden« des »Arbeitskreises unabhängiger Juristen« spiele in diesem Verfahren keine Rolle.” Dies ist nachweislich eine Falschbehauptung. Auch wenn sich durch den RWE-Rückkauf noch eine neue Klagemöglichkeit geboten hatte, die Professor Kirchberg nutzte, war der Leitfaden dennoch die Grundlage. In der öffentlich auf der Seite der Piratenfraktion zugänglichen Klageschrift schreibt Professor Kirchberg wörtlich:

Die antragstellende Piratenfraktion schließt sich insoweit im Wesentlichen der Argumentation in dem bereits zitierten, vom »Arbeitskreis unabhängiger Juristen« erstellten »Juristischen Leitfaden« zum Thema »Nichtigkeit der Berliner Wasserverträge und ihre Geltendmachung« an. Die dortigen Ausführungen sind nach Meinung der Antragstellerin auch nicht durch das hierzu auf Veranlassung des Sonder­ausschusses »Wasserverträge« beim Wissenschaftlichen Parlamentsdienst eingeholte Gutachten entkräftet worden.[1]

Der Zusammenhang zwischen der von Prof. Kirchberg eingereichten Klage und dem AKJ-Leitfaden ist zudem schon im Vorfeld auf Fraktions­sitzungen der Piraten am 9.4.2013 durch ein Mitglied des INFO-Wassertischs und am 23.4.2013 durch Prof. Kirchberg selbst benannt worden. Hätte sich Herr Ugarte Chacón mit seiner Forderung, den Leitfaden zu ignorieren, durchgesetzt, dann wäre es nie zur Klage gekommen und der Wasserkonzern Veolia würde vielleicht noch heute in den BWB sitzen.

Meinungsfindungsprozess war noch in vollem Gange
Als Herr Ugarte Chacón die Mail [2] auf dem Wassertischverteiler schrieb, war – wie gesagt – der Meinungsbildungsprozess noch in vollem Gange. Seine Mail an einen der Beteiligten des Meinungsfindungsprozesses (NET-Wassertisch) war also durchaus geeignet, diesen Prozess zu Ungunsten der Organklage zu beeinflussen.

Die Aussage von Benedict Ugarte Chacón: „Der »Leitfaden« des »Arbeitskreises unabhängiger Juristen« spielt in diesem Verfahren keine Rolle“ zu der Piratenklage von Prof. Dr. Kirchberg ist daher eine klare Falschinformation. Für mich ergeben sich daraus zwei mögliche Schlussfolgerungen:

1. Herr Benedict Ugarte Chacón hat weder den Klageweg des Leitfadens noch seine Adaption durch die Klage von Prof. Kirchberg verstanden, was ihn in meinen Augen als wissenschaftlichen Mitarbeiter der Piratenfraktion untragbar machen würde oder

2. Herr Ugarte Chacón hat sehr wohl verstanden, worum es bei der Klage geht und versucht bewusst, die Fraktion und die Partei zu desinformieren, was ihn nicht nur als wissenschaftlichen Mitarbeiter, sondern auch als Mitglied der Piratenpartei untragbar machen würde. Er würde damit das Ansehen von Piratenpartei und -fraktion nach innen und außen schädigen.

Wenn aber Herr Ugarte Chacón auch heute noch daran festhält, dass man keine Organklage auf der Basis des Leitfadens hätte starten sollen („… heute so richtig wie am 5. August 2012.“), dann besteht allerdings in der Tat ein Gegensatz zwischen seinen Äußerungen hier in seiner „Begründung“ und den Beschlüssen der Piratenfraktion.

[1] NACHWEIS: 20130425_ANTRAG; URL: https://www.piratenfraktion-berlin.de/wp-content/uploads/2013/09/AntragW130425gewei%C3%9Ft.pdf#11.
[2] NACHWEIS: 20120730-31_MAIL_BUC.

Weiteres zum Meinungsbildungsprozess über die Organklage ...

Veranstaltung „Sind die Wasserverträge wasserdicht?“ im Juni 2012
Die positive LQFB-Abstimmung zur Organklage [3], an der sich die Mehrheit der Piraten-Abgeordneten beteiligt hat, wurde schon erwähnt. (siehe Abschnitt 2) Zum Zeitpunkt meiner Mail vom 5.8.2012 an die Mailingliste der Piraten war der Meinungs­bildungsprozess zur Organklage noch in vollem Gange.

So hatte es am 11. Juni 2012 die Veranstaltung „Sind die Wasserverträge wasserdicht?“ der Grünen-, Piraten- und Linksfraktion und den beiden Wassertischen im Berliner Abgeordnetenhaus gegeben, u. a. mit dem für die Wasserbetriebe zuständigen Piraten-Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner. [4] Hier wurde der Leitfaden des Arbeitskreises Unabhängiger Juristen (AKJ) vorgestellt. Gerwald Claus-Brunner zeigte sich der Klage durchaus aufgeschlossen gegenüber, sollte ein weiteres Gutachten den Klageweg bestätigen. Der INFO-Wassertisch setzte sich daraufhin mit Experten in Verbindung. Im Anschluss daran bat er den renommierten Verfassungsrechtler Prof. Dr. Christian Kirchberg, eine Klageskizze zu entwerfen. Diese Klageskizze wurde in einer Veranstaltung am 21.3.2013 den Abgeordneten der Linken, Piraten und Grünen vorgestellt, diskutiert und in einer vom Berliner Wassertisch mit der Grünen Liga Berlin, dem Verband deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) und dem Bund der Steuerzahler gemeinsam organisierten Pressekonferenz im April der Öffentlichkeit bekannt gemacht.[5] Die Linken stimmten daraufhin der Klage zu unter der Bedingung, dass die Opposition geschlossen klagt. Die Grünen konnten sich jedoch nicht mehrheitlich zur Klage entschließen. Die Mitglieder der Piratenfraktion haben in der Fraktionssitzung am 9.4.2013 beschlossen, die Klage durchzuführen und am 25.4.2013 beim Verfassungsgericht eingereicht.

[3] NACHWEIS: 20120529_LQFB-INI; URL: https://lqpp.de/be/initiative/show/1756.html.
[4] NACHWEIS: 20120611_VERANSTALTUNG; URL: http://berliner-wassertisch.info/sind-die-wasservertrage-zur-teilprivatisierung-wasserdicht/.
[5] NACHWEIS: 20130404_PRESSEMAPPE_A (Deckblatt);
Presseresonanz der Pressekonferenz Berliner Wassertisch v. 4. April 2013:
Berliner Zeitung: http://l.hh.de/BerlinerZeitung0405 ;
Tagesspiegel: http://l.hh.de/Tagesspiegel20130405;
Morgenpost: http://l.hh.de/Morgenpost_20130404;
TAZ: http://bit.ly/1lHuyyT;
RBB Abendschau: http://l.hh.de/RBB_TV_20130404.
 

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