Ablauf des Verfahrens:
Nachdem ich Mitte November erfuhr, dass Hr. Ugarte Chacón per Twitter seinen Antrag für die Ordnungsmaßnahme gegen mich ver­öffentlicht hatte, wandte ich mich am 25. Nov. 2013 mit einer E-Mail an den Landesvorstand, in der ich mich nach dem zeitlichen Ablauf erkundigte. Ohne eine Antwort erhalten zu haben, wurde mir Mitte Dezember die
förmliche Verwarnung zugestellt, unterzeichnet von der Justitiarin Katrin Kirchert. Dagegen habe ich sofort Widerspruch eingelegt und um eine Anhörung gebeten. Da der Verwarnungsbescheid jedoch keine Rechtsbehelfe enthielt, habe ich den Widerspruch an den Landesvorstand gerichtet, von dem ich die Verwarnung erhalten hatte. Obwohl ich mich am gleichen Tag per Mail als auch drei Tage später per Post an den Vorstand wandte, hat mich der Vorstand auch nicht nachträglich darüber informiert, dass eigentlich das Schiedsgericht zuständig war. In der Folge haben sowohl das Landes­schieds­gericht als auch das Bundes­schieds­gericht mit der Begründung der Verfristung eine inhalt­liche Überprüfung nicht mehr zugelassen – ohne zu beachten, dass es lt. § 6 Abs. 1 S.3 Bundessatzung (ent­sprechend Art. 103 Abs. 1 GG) einen Anspruch auf rechtliches Gehör gibt. Erst unter Hinzuziehung einer Rechtsanwältin konnte ich erreichen, dass die Ord­nungs­maß­nahme geprüft und zurück­genommen wurde, weil „keine Dis­kredi­tierung“ vorlag.

Die von Benedict Ugarte Chacón vorgebrachten Vorwürfe lauten: „Frau F wählte dahingegen den Weg, mehrfach und ohne mich einzubeziehen Behauptungen über meine Person gegenüber anderen Parteimitgliedern aufzustellen und meine Qualifikationen in Frage zu stellen. Wie gezeigt, tat sie dies ohne irgendeine Art von Belegen, sondern stets auf unbewiesene Behauptungen gestützt.“ Dadurch hätte ich „gegen Werte und Grundsätze der Piratenpartei: Meinungsfreiheit, Pressefreiheit sowie den innerparteilichen Konsens gegen Mobbing“ verstoßen. Diese Anschuldigung meinte er, mit Hilfe zweier E-mails belegen zu können, von denen eine bereits über ein Jahr alt war.

E-Mail 1
Die erste E-Mail, die der Fraktionsmitarbeiter Benedict Ugarte Chacón zum Gegenstand seiner Beschwerde machte, habe ich auf dem Verteiler „Landesverband Berlin berlin@lists.piratenpartei.de“ veröffentlicht. In meiner E-Mail beziehe ich mich wiederum auf eine E-Mail von ihm, die er im Juli 2012 auf der Mailingliste des berliner-wassertisch.net, der am Mehringdamm tagt, verbreitete. Dort behauptete er, dass keine Fraktion des Abgeordnetenhauses vorhätte, eine solche Organklage einzureichen. Statt einer juristischen Aufarbeitung riet er zu Aktionen zivilen Ungehorsams zur Durchsetzung der Rekommunalisierung. Meiner Ansicht nach griff Ugarte Chacón damit der Entscheidung der Piratenfraktion in unzulässiger Weise vor und untergrub die Versuche des berliner-wassertisch.info, eine Klage gegen die Wasser­privatisierungs­verträge zusammen mit Mitgliedern der Piratenfraktion auf die Beine zu stellen (zudem war sein Aufruf zum „zivilen Ungehorsam“ geeignet, durch misslungene Aktionen den Ruf des Wassertischs in der Öffentlichkeit zu diskreditieren).

Zur Erinnerung: Die Piraten haben sich vor der Abgeordnetenhauswahl für eine Rekommunalisierung der Wasserbetriebe und für eine Klage gegen die Wasserverträge ausgesprochen. Außerdem gab es eine Liquid-Feedback-Abstimmung der Parteibasis, bei der auch mehrere Abgeordnete für die Klage stimmten. Schließlich hat die Fraktion der Piratenpartei eine Organklage eingereicht, woraufhin der letzte verbliebene Wasserkonzern Veolia seine Beteiligung an den BWB zurückgegeben hat.

Da Herr Ugarte Chacón zu diesem Zeitpunkt bereits Fraktions­mitarbeiter war, musste die Bürgerinitiative davon ausgehen, dass Bemühungen für das Klagevorhaben zwecklos sein müssten. Deshalb denke ich, dass die Parteimitglieder ein Recht darauf hatten zu erfahren, dass Benedict Ugarte Chacón in Bürgerinitiativen den tatsächlichen Meinungsbildungsprozess der Piraten falsch wiedergibt und habe dies „in einer Art, die keinerlei Kennzeichen einer Diskreditierung“ (Piratenpartei, 3.10.2015, s.o.) erkennen lässt, getan.

E-Mail 2
Vorab: Diese Mail war nicht öffentlich, sondern nur privat.

Zur Erinnerung: diese Organklage wurde im April 2013 beim Verfassungsgericht Berlin von der Piratenfraktion eingereicht und richtete sich gegen die Beschneidung des Budgetrechts von Abgeordneten durch die Gewinngarantie in den Wasser-Privatisierungsverträgen von 1999. Damit bestand die letztmalige Chance, die mit der Teilprivatisierung verbundene und bis zuletzt zugunsten privater Wasserkonzerne weitergeführte Politik juristisch aufzuarbeiten. Auch hätte im Erfolgsfall versucht werden können, durch eine Rückabwicklung der Verträge den ehemaligen privaten Anteilseignern einen Teil der durch Preissmissbrauch erlangten Profite doch noch wieder abzunehmen.

In der E-mail schreibe ich, dass ich der Ansicht bin, dass Ugarte Chacón die juristische Aufarbeitung der Teilprivatisierung der BWB behindert und zwar „sachorientiert und mit Nachweisen belegt“ (Piratenpartei, 3.10.2015, s.o.). Was den Inhalt meiner Mail betrifft, so behaupte ich in ihr nichts, was nicht schon vorher andernorts im Internet viel deutlicher veröffentlicht worden wäre. Der “Wasserpresseblog” hatte die journalistische Tätigkeit von Ugarte Chacón im Hinblick auf seine Wasserbericht­erstattung genauer unter die Lupe genommen. Er kam zu dem Schluss: “Herr Ugarte Chacón schreibt in seiner Berichterstattung systematisch gegen die juristische Überprüfung der Wasserverträge und die Rekommunalisierung durch Vertrags-Rückabwicklung an.” Zu seinen Mitteln stellten sie fest, dass Herr Ugarte Chacón in seinen „Artikeln seine Absichten nicht durch

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Twitter-Gespräch zur juristischen Prüfung der Aussagen des Wasserpresseblogs

objektive Berichterstattung und argumentative Auseinandersetzung, sondern durch Missbrauch seiner journalistischen Tätigkeit, mittels Unterdrückung von Infor­matio­nen und falschen Tatsachen­behaup­tungen“ durchsetzt. Und weiter: „Dabei schreckt Herr Ugarte Chacón offensichtlich auch nicht davor zurück, andere Personen zu beleidigen oder zu verleumden.“

Herr Ugarte Chacón hat – seinen Angaben auf Twitter zufolge – die Aussagen des Wasserpresseblogs juristisch prüfen lassen. Offensichtlich erfolglos. Juristische Schritte wurden nie eingeleitet. In diesem Zusammenhang ist das oben abgebildete Twittergespräch zwischen @lainee42 und Ugarte Chacón zu verstehen.

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